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08.2022

Nichtehe, Doppelehe oder wiederholende Eheschließung?

Mit diesem interessanten Thema und darüber hinaus nicht nur mit deutschem, sondern auch mit spanischem und libanesischem Familienrecht hatte sich vor Kurzem das Kammergericht Berlin
(im Rang entsprechend dem hiesigen Oberlandesgericht) zu befassen.

Die Frau war libanesische Staatsangehörige schiitischer Konfession, ihr Mann war zwar im Libanon geboren und ebenfalls schiitischer Konfession, besaß jedoch die spanische Staatsangehörigkeit.

Die Beteiligten hatten zunächst am 27.07.2007 vor einem religiösen Gericht nach muslimischem Eherecht im Libanon geheiratet. Dieses Gericht hatte die Ausstellung der Eheurkunde jedoch erst am 26.01.2008 bewilligt, am selben Tag wurde die Urkunde beim libanesischen Standesamt eingereicht bzw. registriert.

In der Zwischenzeit, nämlich am 29.12.2007, haben die Beteiligten vor einem Standesamt in Spanien die Ehe geschlossen und zwar vor dem Hintergrund, dass so der Familiennachzug der Ehefrau aus dem Libanon zum Antragsgegner nach Spanien beschleunigt werden konnte.
Die Anerkennung der im Libanon geschlossenen Ehe hätte voraussichtlich längere Zeit in Anspruch genommen.

Mittlerweile lebten die Eheleute nun dauerhaft in der Bundesrepublik und die Ehefrau beantragte nach Ablauf des so genannten Trennungsjahres staatliche Verfahrenskostenhilfe für die Durchführung eines Ehescheidungsverfahrens beim deutschen Familiengericht.

Dieses musste sich nun mit der Frage auseinander setzen, welche Rechtsordnung anzuwenden und welche Ehe überhaupt zu scheiden ist.

Grundsätzlich unterliegt auch die Scheidung von Ehegatten ausländischer Staatsangehörigkeit deutschem Recht, wenn sich die Beteiligten dauerhaft im Inland aufhalten und keine Rechtswahl getroffen haben.

Diese Regelung gilt allerdings nicht für die Beseitigung einer Ehe aufgrund von Fehlern oder Hindernissen bei deren Eingehung. Aus ebendiesem Grund mussten sich die deutschen Juristen hier mit dem spanischen bzw. libanesischem Recht als dem jeweiligen Heimatrecht der Beteiligten eingehend auseinander setzen.
Im Ergebnis kam das Kammergericht als Beschwerdegericht zu dem Schluss, dass die in Spanien geschlossene Ehe lediglich eine „wiederholte Eheschließung“ darstelle. Es handele sich demhingegen nicht um eine bigamische und damit nichtige Doppelehe. Vielmehr gebe es nur eine Ehe, die zu scheiden sei. Der antragstellenden Ehefrau sei daher Verfahrenskostenhilfe betreffend die Scheidung der am 27.07.2007 im Libanon geschlossenen Ehe, deren Eheschließung am 29.12.2007 in Spanien wiederholt wurde, zu gewähren.

Welche Schlussfolgerung ist nun daraus zu ziehen? Fraglos diejenige, dass man seine(n) Liebste(n), weil dies so schön und romantisch war, durchaus noch einmal heiraten darf, ohne gegen das Verbot der Doppelehe zu verstoßen.
Zum anderen kann man – zumindest aus heutiger Sicht – davon ausgehen, dass auch eine wiederholt geschlossene Ehe nur einmal zu scheiden ist und man später dann nicht etwa doppelte Scheidungskosten zu tragen hat.


Text: Birgit Schwerter
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht



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